Liebe(r) Leserin Leser,
weder ich noch das politische Geschehen in der Republik kommen dieser Tage wirklich zur Ruhe. In der jüngeren Vergangenheit haben wir uns häufiger gemeinsam darüber geärgert, dass Personaldebatten und interne Streitigkeiten bei unseren beiden Koalitionspartnern in der Bundesregierung die inhaltliche Arbeit haben in den Hintergrund treten lassen. Jetzt allerdings sehe ich durch die gegenwärtige Unruhe aber auch eine Chance aufblitzen.
Ich halte die Ankündigung von Bundeskanzlerin Merkel, sich vom Parteivorsitz zurückzuziehen, für richtig. Sie ringt mir deshalb trotz aller inhaltlicher Differenzen professionellen und persönlichen Respekt ab. Und natürlich ist mir bewusst, dass diese Entscheidung vorübergehend vor allem neue Fragen formuliert: Wer wird ihr Nachfolger? Wie geht es weiter mit der großen Koalition? Gleichzeitig aber keimt in mir auch die Hoffnung, dass wir gemeinsam die Chance in dieser Veränderung erkennen und sie nutzen. Unabhängig davon, wie sich die Konstellationen im Bund nun entwickeln, hoffe ich darauf, dass wir demnächst auch in der Berichterstattung und der öffentlichen politischen Debatte endlich wieder den Fokus auf die inhaltliche Arbeit und klare politische Haltungen legen können.
Dies bleibt übrigens nicht liegen, auch, wenn das manchmal in der Berichterstattung zu kurz kommt. So freue ich mich sehr darüber, dass im zurückliegenden Monat zwei wichtige Papiere das Licht der Öffentlichkeit erblicken konnten:
Am 09. Oktober hat die SPD-Bundestagsfraktion ein Papier verabschiedet, dass sich mit der Frage beschäftigt, wie die Regeln für CO2-Flottengrenzwerte zukünftig ausgestaltet werden sollen. Dieses Papier habe ich als zuständiger Berichterstatter im Ausschuss für Wirtschaft und Energie mit meinem Team maßgeblich mitentwickelt. Nachdem der Prozess der inhaltlichen Ausgestaltung viele Wochen politische Verhandlung und Textarbeit beansprucht hat, bin ich nun sehr froh, dass es mit der Unterstützung von Andreas Nahles und dem Fraktionsvorstand sowie meiner Genossinnen und Genossen aus den anderen Ressorts (die MdBs Arno Klare für Verkehr, Frank Schwabe für Umwelt und Nina Scheer für Verbraucherschutz) als offizielles Positionspapier der gesamten Fraktion beschlossen worden ist. Wir fordern darin ambitionierte Grenzwerte, damit der Verkehrssektor seinen Beitrag zu unsereren Klimaschutzverpflichtungen erfüllt; gleichzeitig geben wir der Automobilindustrie aber auch Anreize dafür, die Herausforderung zu meistern und mit Investitionen in klimaschonende Zukunftstechnologien ihre technologische und ökonomische Vorreiterrolle zu behaupten. Das Papier ist auf meiner Homepage zum Lesen und zum Download als PDF zu finden, der Link ist im zweiten Beitrag in diesem Newsletter.
Parallel dazu habe ich mit meinem Team bereits vor der Sommerpause angefangen, an einem erweiterten Konzept für die Energiewende zu arbeiten. In meinen Augen dreht sich die Debatte um diese gesamtgesellschaftliche Herausforderung immer noch viel zu sehr um die Frage, wer dabei den Kürzeren zieht; die Debatte wird vor allem von Bedenken und Angst getrieben. Das stört mich gewaltig!
Ja, die Herausforderung ist groß; aber es liegen auch gewaltige Chancen in ihr. Unsere Verantwortung als Sozialdemokrat*innen ist es, eine Lösung, ein Konzept anzubieten, wie man die Energiewende zu einer Erfolgsgeschichte machen kann, in der möglichst niemand zu kurz kommt. Ich bin davon überzeugt, dass es möglich ist, die Energiewende sozial verträglich, ökologisch verantwortlich und ökonomisch erfolgreich zu gestalten. Ich bin deshalb im Laufe des Sommers an Genossinnen und Genossen aus meiner Heimat und auch im Bundestag herangetreten und habe einen ersten Entwurf für ein entsprechendes Konzept vorgelegt, dass wir im Sinne einer sozialdemokratischen Vision für gesellschaftlichen Erfolg auf den Namen „Rote Energiewende“ getauft haben. Wir werden das Konzept nun in den kommenden Wochen weiter diskutieren und ich bin gespannt und freue mich auf das Feedback – übrigens auch von Euch und Ihnen!
Es war ein langer Kampf, aber nun ist es endlich soweit – gestern, am 01.11. ist die neue gesetzliche Regelung zur Musterfeststellungsklage in Kraft getreten, und direkt zum Auftakt wird es dann auch gleich das erste große Musterverfahren gegen VW geben, getragen von der Verbraucherzentrale Bundesverband in Kooperation mit dem ADAC. Ich habe meine eindeutige Haltung nicht nur in Sachen Betrugsskandal, sondern auch in der Frage der Nachrüstungen in der Vergangenheit wiederholt deutlich gemacht, und so hoffe ich, dass möglichst viele Betrogene von dieser neuen rechtlichen Möglichkeit Gebrauch machen. Sobald die Klage vom Oberlandesgericht Braunschweig offiziell angenommen worden ist, wird es voraussichtlich in den kommenden Wochen ein Online-Formular auf den Seiten des Bundesamtes für Justiz geben, über das man sich kostenlos in das Klageregister aufnehmen lassen kann.
Auch unabhängig von diesen Mammut-Projekten waren die Sitzungswochen im Oktober sehr bewegt. In zahlreichen Gesprächen mit Wissenschaftler*innen, Verbänden und Industrievertreter*innen drehte es sich für mich dabei inhaltlich vor allem wieder um die Themen Elektromobilität, Wasserstoffwirtschaft und Sektorkopplung. Selten habe ich so viel Zustimmung für die These erhalten, dass Speichertechnologien und die Vernetzung der Sektoren Verkehr, Wärme und Strom der wichtigste Baustein für eine erfolgreiche Energiewende sind – und gefühlt wird es von Tag zu Tag mehr. Wichtig ist jetzt, dass wir in naher Zukunft auch die rechtlichen und regulatorischen Voraussetzungen dafür treffen, dass diese Bausteine ihr Potential entfalten können. Es trifft sich, dass mit dem Klimaschutzgesetz, das für 2019 vorgesehen ist, dann auch gleich das entsprechende nächste Mammutprojekt ansteht. Vorher aber steht uns mit dem November noch ein kleiner Marathon bevor – drei Sitzungswochen in nur einem Monat – und in meiner Heimat freue ich mich natürlich auf den Beginn der närrischen Jahreszeit.
Eine Sache steht fest: Es bleibt spannend!
Herzliche und solidarische Grüße
Ihr/euer